Geht euch auch mal der Hut hoch?

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ManfredK
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Geht euch auch mal der Hut hoch?

Beitragvon ManfredK » Mo 7. Jun 2021, 17:47

Jeder von uns hat ja so seine Wissensgebiete wo er sich beruflich oder privat auskennt. Und manchmal muss man Sachverhalte lesen, die einem echt dazu bringen dass einem der Hut hoch geht.... Wenn ein Laie das in bester Absicht tut, sei ihm gerne verziehen wenn da etwas nicht stimmt. Er hat es in guter Absicht getan.

Wenn es aber einer tut, der nach seiner eigenen Aussage "gelernter Schrauber" ist (und damit wohl beruflich auch was von der Sache verstehen sollte), dann komme ich mit Kopfschütteln nicht hinterher.

Ich verzichte mal auf einen Link....

Es geht um den Ersatz der Befestigungsschauben der Bremssättel an der CBF (und vielen anderen Honda Modellen). Nach dem WHB sind die Schrauben ja nach der Demontage zu erneuern. Die Schrauben sind ab Werk mit mikroverkapseltem Schraubensicherungsmittel versehen. Dieses Schraubensicherungsmittel taugt natürlich nur zu einmaligen Verwendung, deswegen auch der Hinweis im WHB "erneuern"
Zudem sind natürlich diese Schrauben auch einer mechanischen/thermischen Belastung ausgesetzt und nicht immer unbegrenzt haltbar. Insbesondere wenn kein Drehmomentschlüssel oder kein funktionierender Drehmomentschlüssel benutzt wird.

Es existiert zudem die latente Gefahr, das Schraubensicherungsmittel unterschiedlicher Hersteller chemisch miteinander reagieren können und sich damit die Lösekräfte der Schrauben verändern können. 2 x mittelfest kann dann durchaus 1 x hochfest ergeben. Wird dann nicht erwärmt macht es schon mal knack..... (ich kenne persönlich mehrere Fälle von im Betrieb bzw. beim lösen gebrochener Schrauben, wobei hier wohl fast immer der "Schrauber" schuld hatte, kenne keinen technischen Aufallgrund)

Zitat: Laut Hersteller bleibt die Sicherung dauerelastisch, und das ist nach meiner Erfahrung tatsächlich so

Die bekannten Schraubensicherungsmittel härten anaeorob aus (unter Luftabschluss) - Die Aushärtegeschwindigkeit und -festigkeit ist von den Materialpaarungen und dem Flankenspiel der Gewinde abhängig (Seite2: http://tds.henkel.com/tds5/Studio/ShowP ... lant=WERCS )

Zitat: Ein echtes Problem dagegen ist, das der gewinderfreie Schaft der Schraube im Schwimmsattel festrostet! Darum hier die Schwimmsattelbolzen immer mit Kupferpaste einsetzen.

Die AT hat zwar keinen Schwimmsattel sondern einen Festsattel und der Defekt hat durchaus bei sehr ungepflegten Winterfahrzeugen ein geringes Potential. Mit der ausgesprochenen Empfehlung habe ich jetzt die Paarung eines Bremssattel aus Aluminium, Kupfer der Kupferpaste und der Stahlschraube... zusammen mit dem Elektrolyt (z.B. salzhaltiges Wasser) bau ich jetzt ein wunderschönes galvanisches Element

Zwischen dem Stahl (Eisenlegierung) und dem Kupfer passiert recht wenig.... aber zwischen dem Kupfer und Aluminium habe ich ein Spannungspotential von fast 2V geschaffen mit der Folge, dass die Leichtmetalllegierung schön heftig oxidert (weißliches Aluminiumoxid). Das kennt sicher der ein oder andere Schrauber der schon mal Motoren zerlegt hat....

Wenn ich glaube, dass hier aus Gründen des Korrosionsschutzes unbedingt etwas auf den Schraubenschaft (nicht Gewinde!) drauf gehört, dann doch bitte Keramikpaste.


Meine persönliche Empfehlung zu dem Thema Aloc-Schrauben:

1. Schraube demontieren und auf mechanische Auffälligkeiten prüfen (Einschnürungen, Schäden am Gewinde) - wenn ich mir unsicher bin--> erneuern
2. Gewinde der Schraube und Gewinde der Befestigungsbohrung mit einem guten Gewindeschneideisen bzw. -bohrer von den Resten alter Sicherungsmittel befreien; Schrauben und Gewinde mit Bremsenreiniger entfetten
3. Schraubensicherungsmittel "mittelfest" (mit herkömmlichen Werkzeug ohne Wärmeeintrag lösbar) sparsam (meist genügen 1-2 Tropfen) aufbringen und Schraube eindrehen
4. Schraube mit dem vorgeschriebenen Drehmoment (soweit vorhanden mit dem Drehwinkel) anziehen. Dabei jegliches ruckartige Arbeiten mit dem Drehmomentschlüssel vermeiden, immer schön mit gleichmäßiger Geschwindigkeit anziehen.

Wer sich unsicher ist --> bitte zum FHH und neue Schrauben beschaffen

Heute morgen hab ich von einem Member hier im Forum eine nette Anfrage erhalten der einfach den ihn bekannten Werkstätten nicht vertraut. Wenn ich die Inhalte so lesen, könnte ich ihm fast zustimmen und damit natürlich vielen, vielen korrekten Mechanikern unrecht tun würde.

schwagutec

Re: Geht euch auch mal der Hut hoch?

Beitragvon schwagutec » Di 8. Jun 2021, 08:26

Guude,

das ist ja lustig...

Da lese ich erst etwas in "einem anderen Forum" ;)
natürlich auch den Thread bzgl "Erneuern von Bremssattelschrauben" und mache mir da so meine Gedanken.
Dann lese ich hier und muß schmunzeln....
Da hatten wir doch beide wieder das gleiche Problem mit irgendwelchen Tipps von "langjährigen Schraubern".....

Wobei mir zugegebenermaßen erst später das Problem mit der Galvanik bewußt wurde, ich störte mich von Anfang an
an dem Hinweis, das es ihm neu wäre, das "Schraubensicherung Gewinde zerstört".
Hier fehlt natürlich der Hinweis, dass man den alten Sicherungslack komplett entfernen muß, bevor man neuen aufträgt.
Ausserdem habe ich schon immer leichte Bauchschmerzen dabei gehabt, wenn ich einen Hinweis lese, das man auf Schrauben,
die beim Festziehen einem bestimmten Drehmoment unterliegen, wegen Rostgefahr ein Schmiermittel auftragen soll.
Da kann/ darf man auch nicht einfach so eine Paste nehmen, die man gerade zur Hand hat .
Und ja- hier ist das "Losbrechmoment" das entscheidende Stichwort.

Man muß den "alten Schraubern" allerdings zugute halten, dass sie mit den "Aloc" Schrauben wohl nicht so vertraut sind.
Die allermeisten kennen halt nur die "Stahlschrauben" , die an früheren Modellen verbaut wurden.

Ich werde auch sicherheitshalber nach dem ersten Lösen der Bremssattelschrauben auf neue zurückgreifen,
da die bisherige Erfahrung beim Schrauben an meiner SD04 gezeigt hat, das die Mechaniker in der Fertigung
beim Anziehen der Schrauben entweder extrem gut "drauf" waren oder deren Sicherungslack extrem gut hält.
Denn manche Schrauben sind dermaßen fest.......
Ich will deshalb noch gar nicht wissen, was mich beim lösen der BS Schrauben erwartet.
Ich werde diese deshalb vorsorglich ertmal mit dem Heißluftfön erwärmen.

Und last but not least:
Ja- es gibt mit Sicherheit noch Mechaniker in Werkstätten, die wirklich gute Arbeit leisten.
Die muß man aber erst mal finden bzw kennen!

Und die allermeisten Auto - und Motorradfahrer haben vom "Schrauben" wenig bis keine Ahnung und vertrauen voll auf Ihre Werkstatt.
Und in den meisten Fällen geht das ja auch gut, und keiner wundert sich, warum dann plötzlich Folgeprobleme auftauchen.

Der klassische Fehlerfall ist doch schon bei so einfachen Sachen wie Räderwechsel (beim PKW) vorprogrammiert:
Ich habe bisher noch nie (!) erlebt, dass der Drehmomentschlüssel, (so er denn tatsächlich benutzt wird...)
auf das korrekte Drehmomnent eingestellt wurde. Und auch heute noch gibt es viel PKW mit Stahlfelgen und viele mit Alufelgen.
Diese haben halt grundsätzlich verschiedene Anzugsmomente.
Und wird der Drehmomentschüssel auch abends immer "entspannt"?
Oder der "Klassiker": Mit dem Druckluftschrauber werden die Schrauben "angezogen"- dann mit dem Drehmomentschlüssel nachgeprüft - Passt!
Ja nee- is klar!


Um aber noch mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: "da geht mir der Hut hoch"...

Ich finde den Trend gefährlich, dass viele der Meinung sind, "erst mal bei Youtube zu schauen, wie das gemacht wird", um es dann selbst zu machen.
Hier ist oftmals Gefahr vorprogrammiert, weil einfach das Hintergrundwissen fehlt!
Ich selbst habe schon in einem Forum gelesen:
"Habe nun die Bremsbeläge gewechselt,war eigentlich ganz einfach, die Klötze gingen leicht raus und die neuen wieder rein.
Nur- dummer weise bin ich später gegen die Garagenwand gefahren, weil plötzlich kein Bremsdruck mehr da war"
Auf Nachfrage stellte sich dann heraus, dass der Kollege aus Bequemlichkeit den Bremssattel komplett abgebaut hatte und auf der Werkbank
die Beläge gewechselt hatte...
Wahrscheinlich wurde es ihm im Youtube Video so gezeigt


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